Rückblick 2000-2021
  Aktuelles (2022)     Gästeliste     Rückblick 1981-1999     Die Schnecke in der Presse     Vorverkauf     Mitglied werden     Impressum     Datenschutz  
Veranstaltungen 2000
Veranstaltungen 2001
Veranstaltungen 2002
Veranstaltungen 2003
Veranstaltungen 2004
Veranstaltungen 2005
Veranstaltungen 2006
Veranstaltungen 2007
Veranstaltungen 2008
Veranstaltungen 2009
Veranstaltungen 2010
Veranstaltungen 2011
Veranstaltungen 2012
Veranstaltungen 2013
Veranstaltungen 2014
Veranstaltungen 2015
Veranstaltungen 2016
Veranstaltungen 2017
Lesung mit Ilija Trojanow
Lesung „Der schönste Ort der Welt“
Veranstaltungen 2018
Veranstaltungen 2019
Veranstaltungen 2020
Veranstaltungen 2021
Allgemein:
Startseite

Lesung mit Ilija Trojanow

09.10.2017, 19.30 Uhr, Göttenbach-Aula Idar-Oberstein

Ein Weltensammler auf der Flucht
Ilija Trojanow als Gast bei Die Schnecke

Von unserem Reporter Jörg Staiber

Idar-Oberstein. Berühmt geworden ist Ilija Trojanow mit seinem Roman „Der Weltensammler“ über den Briten Richard Francis Burton. Bevor er dieses Buch schrieb, hat Trojanow eine Reihe von Stationen im Lebens Burtons gewissermaßen selbst nachvollzogen, hat wie dieser mehrere Jahre in Indien gelebt, ist nach Mekka gepilgert und zu Fuß Hunderte von Kilometern durch afrikanische Wildnis gewandert. Aber schon zuvor war Trojanows Leben von ständigen Ortswechseln geprägt, geboren in Bulgarien, als Sechsjähriger mit den Eltern nach Deutschland geflohen, es folgten Kenia, Paris, München, Bombay, Mainz, wo er Stadtschreiber war, Kapstadt und schließlich Wien, wo er heute lebt.

Auf Einladung des Kulturvereins Die Schnecke stellte Trojanow in der Bibliothek des Göttenbach-Gymnasiums vor rund 50 Besuchern sein jüngstes Buch „Nach der Flucht“ vor, ein schmales Bändchen mit 198 Szenen, Anekdoten, Notaten, Gedanken und Reflexionen von aphoristischer Kürze bis hin zur knappen Erzählform. Eingeteilt ist das Buch in die beiden Teile „Von den Verstörungen“ und „Von den Errettungen“. „Das Thema Flucht wird leider immer sehr holzschnittartig abgehandelt“, erklärte der Autor zu Beginn. „Was Geflüchtete denken und fühlen, geht leider meist verloren.“ Trojanow eröffnete die Lesung mit einem Bild, das sich im Buch fast ganz am Ende findet. Es beschreibt die beiden in jeder Hinsicht unterschiedlichen und gar nicht zueinander passenden Quellflüsse des Amazonas, die sich schon nach wenigen Kilometern zu etwas Neuem vereinigt haben.

Trojanows eigene Erfahrungen zeigen, dass es nicht nur von Nachteil ist, irgendwo fremd zu sein, sondern es für beide Seiten ebenso Herausforderung wie Bereicherung ist. So werfen die Kurztexte des Buches auf der einen Seite Schlaglichter auf die bitteren und bedrohlichen Seiten des Fremdseins, das ewige Gefangensein in der „Bindestrichidentität“, auch wenn man schon Jahrzehnte irgendwo lebt. „Ablehnung ist symbolische Abschiebung“, heißt es da etwa. Andererseits lehnt Trojanow die ewige Opferrolle des Flüchtlings ab, gerade diese mache ihn auch zu einer Art moralischer Bedrohung. Etliche spannende Aspekte des Themas riss der Autor mit seinen vielfältigen Gedanken an und bot damit sicherlich auch jede Menge Stoff für das anschließende Gespräch. Diese Diskussion kam allerdings nicht zustande, da die Zuhörer deutlich mehr an den zahlreichen sonstigen Projekten Trojanows und seiner spannenden Biografie interessiert waren.

Nahe Zeitung vom Mittwoch, 11. Oktober 2017, Seite 21