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Einsatz für Freiheit und Menschenwürde Baum warnt eindringlich vor den Gefahren des Internets Von unserem Mitarbeiter Karl-Heinz Dahmer
M Veitsrodt. Freiheit, Menschenwürde, Grundgesetz – große Worte, die der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum immer wieder in den Mund nimmt an diesem Abend. Er steht in der Kanzel der evangelischen Kirche, spricht von den Gefahren des Internets, von der Verantwortung der Politik und jedes Einzelnen, von Geheimdienstüberwachung und kommerzieller Nutzung, von Persönlichkeitsprofilen, die Google und Co. von jedem Nutzer anfertigen und ein Leben lang im Internet bleiben. Seine Rede vor 81 Besuchern am Mittwochabend (die Kollekte, 310, 78 Euro, geht an die Welthungerhilfe für den Südsudan: Baum war 2001 bis 2003 als UN-Menschenrechtsbeauftragter im Sudan tätig) passte vielleicht mehr als alle früheren aus der Reihe der Predigten in der evangelischen Kirche in Veitsrodt (und im vorigen Jahr in Weierbach) zum Leitthema: „Gepredigt“ wird seit fünf Jahren als Erinnerung an Magister Laukhard, einen Verfechter der Aufklärung, der großen Bewegung nach dem Mittelalter. Dort wird vom Menschen gefordert, selbst zu denken und nicht andere über sich bestimmen zu lassen. Der Weg vom 18. Jahrhundert zu Edward Snowden, NSA und allen Skandalen, die seit einem Jahr Schlagzeilen machen, ist nicht wirklich weit. Da ist zum Beispiel der Umgang mit Daten, die leichtfertig ins Internet gesetzt werden. Axel Redmer, Gründer der Kulturinitiative Schnecke, die mit Kreisvolkshochschule, Kirchenkreis Obere Nahe und Friedrich-Christian-Laukhard-Gesellschaft die Predigten organisiert, sprach in seiner Begrüßung von den Beeinträchtigungen, an die zunächst nicht gedacht wird. Das Internet vergisst nichts, die Angaben „können sich langfristig auf die Biographie auswirken“. Unter anderem heißt das: Bei Bewerbungen greifen sich Personalchefs diese öffentlich gemachten Daten ab. Das Problem: Die Zielgruppe solcher Mahnungen hört nicht zu. Uwe Kreutz, der evangelische Pfarrer Veitsrodts, erzählte in seiner Einleitung, dass er seinen Kindern den Besuch der Baum-Predigt schmackhaft machen wollte. Sie kamen nicht mit. FDP-Mann Baum, von 1978 bis 1982 Bundesinnenminister, kämpft seit Jahren gegen politische Entscheidungen, die die Freiheit der Bürger beschneiden können, geht in Talkshows, legt Beschwerden beim Bundesverfassungsgericht ein: gegen den großen Lauschangriff, Onlinedurchsuchungen, Vorratsdatenspeicherung. Die Verfassung, sagt er, „ist ein wertvolles Gut, das geschützt werden muss“. Und das die Politiker verpflichten müsste, die Bürger zu schützen. „Darauf haben sie einen Eid geleistet.“ Und Snowden, der in der „lupenreinen Demokratie“ Russland Unterschlupf hat, weil ihm die USA mit Gefängnis drohen? „Eine unglaubliche Situation“, sagt Baum. An der auch Deutschland seinen Teil hat: „Wir rufen das, was er aufgedeckt hat, ab und lassen den Menschen einfach liegen.“ Eine definitive Antwort auf die Ruhe, mit der die deutsche Politik auf die Skandale reagiert, hat auch Baum nicht. Aber eine Vermutung: Der Bundesnachrichtendienst (BND) könnte Daten ohne Rechtsgrundlage an die Amerikaner weitergegeben haben. „Das könnte der Grund für die Zurückhaltung sein.“ Einen Bruch mit den USA will aber auch er nicht, auch wenn die sich mit der massenhaften Ausspähung von den Werten ihrer Unabhängigkeitserklärung von 1776 entfernt hätten. „Wir müssen alles tun, um das Vertrauensverhältnis mit den Amerikanern wiederherzustellen.“
Nahe Zeitung vom Samstag, 19. Juli 2014, Seite 19
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