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"Rührt Euch !"
Kabarettabend mit Dieter Hildebrandt
und Mehlprimel
07.10.1987, 20.00 Uhr
Idar-Oberstein, Göttenbach-Aula

Nahe-Zeitung, 09.10.1987
Affentanz des Augenlids
Hildebrandts Gastspiel: Hit der Idar-Obersteiner Kulturwochen

Wenn ein politischer Schelm zwinkert, sucht er dann stumm Übereinstimmung mit seinem Publikum? Dieter Hildebrandt nicht. Wenn er blinzelt wenn sein linkes Augenlid einen wahren Affentanz vollführt. dann ist bei ihm die Ekel-Schwelle Überschritten. Zur Zeit passiert ihm das, wenn er nach Schleswig-Holstein blickt. Notizen in der Provinz, während Hildebrandts Gastspiel in Idar-Oberstein.

Die diesjährigen Kulturwochen in der Stadt an der Nahe sind gespickt mit Höhepunkten. Tausend Besucher waren sich am Mittwochabend in der Festhalle aber wohl einig: des Scheibenwischers" Kabarett war der absolute Hit.

Seit rund 15 Jahren arbeitet der Münchner mit dem bayrischen Ensemble Mehlprimel" sporadisch zusammen. So auch in Idar-Oberstein. Drei Stunden Kabarett - eigentlich genug für zwei eigenständige Programme. Verwöhnt wurde das Publikum aber nicht nur mit Masse, vor allem mit Klasse.

Vielseitige "Mehlprimel" (Rainer und Dietmar Panitz, Ruth Schwendtner): blödelnd, kritisch, hintersinnig. Giftpfeile gegen die Bosse in Politik und (Atom-)Wirtschaft, Mitleid mit dem Papst, dem ausgerechnet die Eisheiligen den Auftritt in Augsburg verhageln ("Papacalypse now"), ein köstlich alberner Hauch Hans Albers - Parodie und Kabarett vom Feinsten.

Übertroffen werden sie in unserem Lande wohl von wenigen, von einem aber bestimmt: Altmeister Hildebrandt

Sein "Augenleiden" ist seelisch bedingt, Er kann und will sich nicht mit mit dem real existierenden Schmutz in Politik und Gesellschaft abfinden. Er muß gegenhalten. Auftreten will er "solange ich noch auf die Bühne kriechen kann." Seine einzige Hoffnung liegt im Protest selbst und darin, daß "sich noch viele Leute über mich aufregen."

,Zu scharf - das haben wir aus unserem Wortschatz gestrichen." Er hält sich eher oft für zu zahm Und wenn er dann - satirisch auf den Punkt gebracht - seine Deutung der Vorgänge um Barschel gibt kann man ihm nur zustimmen. Die Realität ist so, daß der Kabarettist - so sehr er sich auch müht nicht übertreiben kann.

Hildebrandt ist 60, aber nicht alt geworden. Mit seiner Waffe, der brillanten Sprache, kämpft er weiter. Gegen die fehlenden Skrupel, die bösen Tricks, die nicht faßbaren Konjunktive der Politiker, die "Ich-würde-hätte-könnte-Seuche", setzt er seinen kritischen Wortwitz. Auch wenn er oft gern "wegschauen wöllte". 

Bernd Paetz