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Laukhard-Predigt mit Eugen Drewermann

Laukhard-Predigt mit Eugen Drewermann
"Wege zur Menschlichkeit - Gedanken zur Apostelgeschichte"
Dienstag, 01. Oktober 2013, 19 Uhr, Ev. Kirche Weierbach

Eugen Drewermann stellt Christus in den Mittelpunkt
Kirchenkritiker lockt mehr als 200 Zuhörer in die Weierbacher Kirche
Von unserem ReporterMichael Fenstermacher


M Idar-Oberstein. Kein Aufheben um die eigene Person machen, den Mittelpunkt frei lassen für Christus und seine Botschaft der Nächstenliebe: Diesen Grundsatz beherzigte der Theologe Prof. Eugen Drewermann auch bei seiner Laukhard-Predigt in der Pfarrkirche Weierbach konsequent – auch um den Preis, möglicherweise Erwartungen der mehr als 200 Zuhörer zu enttäuschen.
Denn über den neuen Papst und dessen Aufsehen erregende Äußerungen der vergangenen Wochen sagte der Kirchenkritiker nichts, und für Gespräche nach der Predigt hatte er keine Zeit. „Ich weiß nicht, ob ich diesem Vorbild gerecht werden kann“, sagte er noch zu dem Fässchen mit Schlehenbrand, das ihm Ex-Landrat Axel Redmer im Namen der Gastgeber und in Anspielung auf die Trinkfreude Laukhards überreicht hatte. Dann eilte er auch schon zum Taxi, das vor der Tür wartete und ihn zum Bahnhof in Oberstein brachte.
Doch gerade dank seines zurückhaltenden Auftretens konnte Drewermanns Predigt unter dem Motto „Wege zur Menschlichkeit – Gedanken zur Apostelgeschichte“ ihre volle Wirkung entfalten. In aller Deutlichkeit zeigte er auf, wie radikal die Botschaft des Neuen Testaments der heutigen gesellschaftlichen Realität mit ihrem Glauben an Leistung, Fortschritt und persönliche Selbstverwirklichung entgegensteht.
In eindringlichen Sätzen warnte der 73-Jährige davor, die große Gruppe der gesellschaftlich und sozial Abgehängten mit dem Sprichwort „Jeder ist seines Glückes Schmied“ selbst für ihre Situation verantwortlich zu machen. „Wer nach diesem Grundsatz lebt, der glaubt, Jesus nicht zu brauchen. Aber wem einmal Schlimmes widerfährt, der merkt schnell, dass es ohne Nächstenliebe nicht geht“, erinnerte Drewermann daran, wie schnell beispielsweise ein Schlaganfall das Leben jedes Einzelnen auf den Kopf stellen kann.
Anhand der Geschichte des Saulus von Tarsus, der als frommer Pharisäer die Steinigung des Stephanus gutheißt und sich eifrig an der Christenverfolgung beteiligt, bevor er zum Apostel Paulus wird, machte er die fatalen Auswirkungen eines blinden Glaubens an Gesetze und Institutionen deutlich. Dieser lasse kein Mitleid zu.
Dem Geist der 2003 verabschiedeten Hartz-IV-Gesetze, nach dem es genüge, Menschen, die in Armut leben, durch den Zwang zur Arbeit „flottzumachen“, hielt er die Heilungserzählungen aus der Apostelgeschichte entgegen. Die Geschichte des Äneas, der nach achtjähriger Lähmung mit den Worten „Steh auf, und pack deine Sachen zusammen“ von Petrus geheilt wird, könne eine Metapher sein für die vielfältigen Bedingungen, unter denen Menschen gar nicht arbeiten können.
„Hilfe ist nicht mit geballter Faust, sondern nur mit ausgestreckter Hand möglich“, betonte Drewermann und wünschte sich die Schaffung von Asylstätten absichtsloser Güte. Das müsse auch für den Umgang mit straffällig Gewordenen gelten. Zu oft gerate aus dem Blick, dass verfehltes Handeln aus tiefer Verzweiflung heraus resultiere. Für die ohne Kompromisse an Gefälligkeit rhetorisch brillant vorgetragene Predigt spendeten die Zuhörer lange Applaus und zeigten sich bei der Türkollekte großzügig. 687,81 Euro kamen zusammen. Der Betrag, der auf Wunsch Drewermanns an die Idar-Obersteiner Tafel geht, ist der höchste, der bislang bei einer Laukhard-Predigt zusammen kam.

Nahe Zeitung vom Freitag, 4. Oktober 2013