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Nahe-Zeitung, 08.09.1989 Eher saures Bonbon als scharfes Gewürz "Knobi-Bonbon-Kabarett" konnte beim Auftritt In der Göttenbach-Aula nur streckenweise überzeugen
Macht die Aneinanderreihung von hinlänglich bekannten Sprüchen, so entlarvend sie auch sind, schon Satire? Genügen ein paar Wortspiele und bissige Formulierungen schon, um ein ansonsten dramaturgisch eher schlichtes Stück Theater mm Kabarett werden zu lassen? Kann Gastarbeiter-Problematik überhaupt fernab der Industriellen Ballungsgebiete richtig betroffen machen?
Fragen, die sich nach dem Gastspiel des ersten und einzigen türkischen Kabaretts Deutschlands in der Göttenbach-Aula stellen. Denn Knobi Bonbon fehlte ein wenig die Schärfe, die man gemeinhin dem Knoblauch nachsagt. Den mehr als 200 Besuchern wurden da schon eher Bonbons angeboten, mit etwas herbem Beigeschmack zwar, aber letztendlich Dauerlutscher.
Seit Mitte der 80er Jahre sind Muhsin Omurca und Sinasi Dikmen mit ihrem Programm "Vorsicht - Frisch integriert" in deutschen Landen unterwegs, mehr als 400 mal haben sie inzwischen das Stück um den Türken Sinasi, der übereifrig bemüht ist sich und seine türkischen Landsleute zu. .Deutschen" um zu polen, und dabei im Straßenfeger Ahmet einen nur auf den ersten Blick tumben Widerpart trifft, gespielt. Sinasi, im dunklen Anzug und mit Aktenköfferchen, schimpft seinen Landsmann einen jaulen Kümmeltürken" und macht sich flugs daran, dem jungen Mann von jenseits des Bosporus deutsche Manieren beizubringen. Das deutsche Publikum im Parkett verfolgt die langwierige Prozedur amüsiert und manchmal etwas gelangweilt.
Allzuviel Böses sagt deutsche Zunge den Männern aus dem Orient nach. Und all das lassen auch Omurca und Dikmen auch in ihr Zwiegespräch einfließen. Betroffen braucht sich deshalb trotzdem niemand im Zuschauerraum zu fühlen. Es sind ja immer die andern, die solche Boshaftigkeiten verbreiten, Man selbst kann nur den Kopf darüber schütteln. Lachen.
Gewiß, auch das Gastgeberland und seine Einwohner bekommen ihr Fett weg. Der unfreundliche Ton im täglichen Miteinander, die viel zitierte Gemütlichkeit, die meist im Vollrausch endet das Kulturgut, dessen Aushängeschild für viele ein großer Blonder mit Sonnenbrille ist- Doch was für deutsche Vorurteile über Türken gilt, gilt auch für türkische Urteile über Deutsche. Gemeint sind immer nur die andern...
So müht sich "Knobi Bonbon" durchs Programm. Erst bei der Zugabe, einer kritischen Nachbetrachtung der beiden Akteure vor offenem Vorhang, kommt jener bissige Sarkasmus durch, den man sich zuvor bei manchem angesprochenen Aspekt des Themas Integration gewünscht hätte. In den letzten zehn Minuten beweisen Dikmen und Omurca, daß sie durchaus eine kabarettistische Ader haben.
Zu flach blieb zuvor das eigentliche Integrations-Stück. Zu banal seine Botschaft, die zudem zu plakativ verkündet wird: Integration bedeutet nicht, die eigene Identität zu verleugnen. Der "geheilte" Sinasi tanzt zu heimatlichen Klängen. Das Publikum klatscht mit Wer würde hier von "Katzenmusik" sprechen? Wir doch nicht...
Klaus- Peter Müller
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