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Nahe-Zeitung, 04.11.1998 Solange sich nur ein Mensch erinnert Über das deutsch-japanische Verhältnis
BIRKENFELD. Wer interessiert sich schon in Japan für zeitgenössische deutsche Schriftsteller? Die bündige Antwort: "Germanistikstudenten - und sonst kaum jemand", gab Hiasko Matsubara bei ihrer Lesung in der Birkenfelder Fachhochschule einem Publikum, das selbst erfahren mußte, wie selten das Desinteresse an fremden Literaturen eine Einbahnstraße ist.
Sehr sachkundig Nach Leseproben aus ihrem neuesten Buch, dem im 17. Jahrhundert spielenden Geschichtsroman "Himmelszeichen", der die erste Konfrontation zwischen Europäern und Japanern thematisiert, erwies sich Hisako Matsubara in der anschließenden Diskussion als die sachkundige Gesprächsteilnehmerin, die der veranstaltende Kulturverein "Die Schnecke" angekündigt hatte. Das japanisch-europäische Verhältnis fasziniert die in Kalifornien lebende Autorin und bildet ein Grundmotiv all ihrer Romane, die sie seit einem mehrjährigen Studienaufenthalt an der Bochumer Ruhr-Universität ausnahmslos in deutscher Sprache verfaßt. Hisako Matsubara erweist sich im Gespräch als viel zu neugierig, um Erklärungsversuche, die ihr die europäische Sichtweise erläutern sollen, einfach hinzunehmen. Die Tochter eines Schinto-Priesters vertraut auf Toleranz, die sie unter allen Völkern gleichmäßig vertreten sieht. Zu einer Werbung für ihre Religion gerät schließlich die Beschreibung des Schintoismus, der verschiedene Götter zulasse, im Tod des Ende allen Lebens sehe und dennoch Jahr für Jahr das Fest der Seelenwiederkehr feiere. Denn jede Seele kehre zurück, solange noch ein Mensch vorhanden sei, der sich an die Person erinnere, der zu Lebzeiten die Seele gehört habe.
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