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Nahe-Zeitung, 22.12.2006 Nach dem Aufstand erstarrte das Land Der Kulturverein "Die Schnecke" stellte die ungarisch-stämmige Frankfurter Autorin Zsuzsa Bánk vor
IDAR-OBERSTEIN. Eigentlich hatte Zsuzsa Bánk passend zum Veranstaltungsdatum geplant, ihre Erzählung "Achtzehnter, vielleicht neunzehnter Dezember" aus ihrem 2005 erschienenen Band "Heißester Sommer" vorzulesen. Doch dann wählte sie auf Wunsch der Veranstalter, dem Kulturverein "Die Schnecke" und der Kreisvolkshochschule, ihren Erfolgsroman "Der Schwimmer", der seit 2002 bereits die vierte Auflage erlebt hat. Fünf Preise erhielt Zsuzsa Bánk für diesen Erstling: den Deutschen Bücherpreis, den Aspekte-Literaturpreis, den Jürgen Ponto-Preis, den Mara Cassens-Preis und den Adelbert-von-Chamisso-Preis.
In der dreiviertelstündigen Lesung aus diesem Roman, - bevor die Teilnehmer in das Gespräch mit der Autorin eintraten - , führte Zsuzsa Bánk die Zuhörer in das Ungarn der späten 50er Jahre, einem Land, das nach der gewaltsamen Niederschlagung des Aufstandes gegen kommunistische Partei und Sowjets "in trostlose Erstarrung" gesunken war. Aus der Sicht eines Kindes wird die "ziellos-sehnsüchtige Reise" eines Vaters, des "Schwimmers", und seiner Kinder erzählt, nachdem die Mutter sich während der Wirren des Aufstandes in den Westen abgesetzt hatte.
Knapp 30 Zuhörer waren in den Musiksaal des Göttenbach-Gymnasiums gekommen. Axel Redmer, Vorsitzender von "Die Schnecke", stellte die Autorin vor: Zsuzsa Bánk, ungarisch-stämmig, in Frankfurt am Main 1965 geboren, studierte in Mainz und Washington Publizistik, Politik und Literatur und lebt heute als Autorin in Frankfurt. Sie selber hat die Zeit des Aufstandes nicht erlebt, ihre Eltern allerdings waren 1956 aus Ungarn geflohen.
"Der Roman ist Teil unserer Familiengeschichte", sagte Bánk, "es ist ein politischer, wenn auch kein historischer Roman". Als "zeitlos und ruhig" charakterisierte Redmer den Stil der Autorin. Detailreich, scheinbar vordergründig, mit genauen Personen-, Gebäude- und Landschaftsbeschreibungen wird die Irrfahrt der mutterlosen Familie vermittelt. Seltsam distanziert stellt die kindliche Ich-Erzählerin das auf kein abgeschlossenes Ende hintreibende Geschehen dar. Selbst dramatische Ereignisse bleiben gedämpft, unaufgeregt, in einen epischen Fluss eingebettet, als seien sie nur geträumt.
"Es gibt symbolhaltige und bewusst märchenhafte Züge in meinem Buch", erläuterte Bánk. "Trauer ist die vorherrschende Stimmung. Ich habe versucht, den Schockzustand, der damals durch das ganze scheinbar bewegungslose Land vibrierte, nachzuempfinden und zu gestalten." (ed)
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Zsuzsa Bánk, geboren 1965, arbeitete als Buchhändlerin und studierte anschließend in Mainz und Washington Publizistik, Politikwissenschaft und Literatur. Heute lebt sie als Autorin in Frankfurt am Main. Für ihren ersten Roman »Der Schwimmer« wurde sie mit dem aspekte-Literaturpreis, dem Deutschen Bücherpreis, dem Jürgen-Ponto-Preis, dem Mara Cassens Preis sowie dem Adelbert-von-Chamisso-Preis ausgezeichnet. Für die Erzählung »Unter Hunden« erhielt sie den Bettina-von Arnim-Preis.
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