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Nahe Zeitung vom 11.04.2002 Sie schreien, zischen, lachen In der ausverkauften Göttenbach- Aula brachte Frederik Vahle gestern Morgen 400 Kinder auf Trab
Ein Mann im roten Hemd und weißen Haaren betritt die Bühne. Augenblicklich werden rund 500 lärmende Kinder in der Göttenbach- Aula leise. "Ich bin auch da", sagt er. "Warum seid ihr eigentlich da?" Lieder wollen sie hören, rufen einige Kinder ihm zu. Nach dem ersten Lied, das der bekannte Liedermacher, Germanist und Privatdozent Frederik Vahle auf Einladung des Kulturvereins "Die Schnecke" singt, rufen die Kinder Zugabe! Doch nach einer Stunde Programm, wenigen Liedern und vielen Bewegungsspielen stürzen sie eilig davon.
IDAR-OBERSTEIN. Gefallen hat ihr alles, sagt die kleine Anna, wenn es auch etwas langweilig war. Das ist für sie offenbar durchaus kein Widerspruch. Frederik Vahles Programm ist nichts für bequeme Kinder, er animiert sie zum Mitmachen, spult nicht einfach ein Liedprogramm ab. Lädt sie zur Klangentdeckungsreise. Finger-, Trommel- Rhythmusübungen baut er in seine Geschichten ein. Vahle differenziert stark, stellt Rasseltöne, schnelle Rasseltöne, sich bis zum Flamencorhythmus steigernde spanische Rasseltöne vor. Warme Hände bekommen die Schüler der städtischen Grundschulen in der ausverkauften Aula vom Klatschen. Sie schreien Zugabe und schreien die immer wieder einschlafende Katze wach. Sie trampeln wie ein Elefant, zischen wie die Schlange, lachen über die Spottdrossel und trommeln - auf dem Boden, dem Bauch, den Beinen, dem Kopf. Vahle holt Kinder auf die Bühne. Da hört man, wie ein Bauch klingt, der zum Frühstück Müsli und Toastbrot gekriegt hat. Oder "gar nix" wie Katrin und Sarah erklären. Schreien dürfen die Kinder - immer lauter, Mädchen gegen Jungen. Schreien mit den Brüllaffen. Aufstehen dürfen sie, trampeln. "Schon wieder", rufen einige, als Vahle gegen Ende erneut zur Beinarbeit ermuntert. Einfach nur zuhören und mitklatschen ist weniger anstrengend, fordert weniger Konzentration. Im ersten Teil hat Vahle sein junges Publikum im Griff. Doch die Aufmerksamkeit lässt nach, die Bewegungsspiele sind offenbar teilweise zu fein abgestimmt, die Texte zu hintersinnig. Etwa wenn er in "Anne Kaffeekanne" vom Oberförster mit dem strohblonden Haar singt, der endlich eine Frau gefunden hat, die ihm die Pantoffeln zur Tagesschau bringt. Die kauzigen, sozialkritischen Passagen sind eher was für die wenigen Erwachsenen im Publikum, die begleitenden Lehrer. Auch darüber, dass der Hase Augustin Landesmeister im Zick- Zack- Lauf wird, schmunzeln nur noch ganz wenige. Das geht in der sich steigernden Unruhe unter. Trotzdem: Nicht nur der kleinen Anna hat's gefallen. Nach dem Schlussakkord wird Vahle belagert, muss Autogramme geben. Gabi Vogt
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