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Nahe-Zeitung, 11.11.2002 Mehr Freunde als Feinde geschaffen Erhard Eppler gab sein Wissen an rund 100 Zuhörer in der Birkenfelder Fachhochschule weiter
BIRKENFELD. Einen äußerst informativen Vortrag verfolgten rund 100 Zuhörer im Audimax der Fachhochschule auf dem Umwelt- Campus. Obwohl es in der Ankündigung nur allgemein hieß: Erhard Eppler liest und diskutiert, gewährte der Referent interessante Einblicke in politische Zusammenhänge zum Thema Gewalt. Axel Redmer, Landtagsabgeordneter und Landrat in spe, der Eppler als Vorsitzender des Kulturvereins "Die Schnecke" begrüßte, verwies auf die Kompetenz des früheren Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Nicht nur als Vorstand des Deutschen Evangelischen Kirchentages, sondern auch als Vordenker habe Eppler vielen Bürgern eine politische Orientierung gegeben. Einen Teil hiervon vermochte der heute 75- jährige Spitzenpolitiker der Brandt- Ära den Studenten noch immer zu vermitteln. In einer Zeit, in der man Atombomben- Potenziale reduziere, sei es besonders wichtig zu verhindern, dass diese nicht in falsche Hände gelangen. "Kriege im herkömmlichen Sinne kommen aus der Mode", war seine provokante These, die er mit den Ereignisse in Ruanda mit 800 000 und im Kongo mit 1,5 Millionen Toten belegten. Bei den Kriegen im Irak und in Bosnien sei durch die High- Tech- Waffen der Amerikaner eine gewisse Asymetrie zutage getreten. Absolute Überlegenheit auf der einen Seite schaffe zwangsläufig Demütigung auf der anderen. Dies sei der Nährboden für terroristische Aktivitäten. Erhard Eppler, seit 1980/81 Gastdozent der FU Berlin und seit 1985 PEN-Club- Mitglied schnitt auch das Thema Geld an. Unter dem Motto "Für Geld ist alles zu haben" zeigte er Schreckensszenarien auf. Private Waffenkäufe in den USA für neun Milliarden Dollar, die Vodafon- Mannesmann- Übernahme mit einem Volumen von 300 Milliarden mit Abfindungen, von deren Zinsen allein sechs Bundeskanzler finanziert werden könnten, so etwas könne man nicht nachvollziehen. Falsches Denkschema "Wir müssen unser staatli ches Gewaltmonopol mit Zähnen und Klauen verteidigen." Die Entwicklung "ein Polizist und vier private Sheriffs" dürfe es bei uns nicht geben. Auf die Frage, warum die Bundesregierung sich in der Irak- Politik von den Amerikanern abgewandt habe, antwortete Eppler: "Mit dieser Entscheidung haben wir uns mehr Freunde als Feinde geschaffen. Vielleicht ist dies die Geburtsstunde der europäischen Emanzipation". Denn die Amerikaner seien als Hegemonialmacht oft geneigt, in einem reinen "Gut- und- Böse- Denkschema" ihre Position zu überschätzen. Paul Lauer
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